Hexenkind by Sabine Thiesler
Autor:Sabine Thiesler
Die sprache: de
Format: mobi, epub
Herausgeber: PeP eBook
veröffentlicht: 2010-10-10T22:00:00+00:00
Ganz allmählich begann sie, Dinge von ihm zu verlangen, die Edi große Überwindung kosten mussten. Sie wollte wissen, ob er ihr wirklich bedingungslos vertraute und gehorchte.
»Iss das«, verlangte sie und legte einen Regenwurm in seine offene Hand.
Edi sah sie ängstlich an und schüttelte den Kopf.
»Mach es – sonst kracht es.«
Edis Augen weiteten sich vor Angst, aber er schüttelte trotzdem wieder den Kopf.
»Er tut dir nichts. Er ist auch nicht giftig, und er schmeckt wie eine Nudel.«
Edi schüttelte immer noch den Kopf.
»Du glaubst mir nicht?«
Edi hörte gar nicht mehr auf, den Kopf zu schütteln.
»Aha. Edi ist böse. Elsa geht.« Damit drehte sie sich um und lief ins Haus.
Edi stand da wie ein begossener Pudel und zitterte am ganzen Körper. Er guckte unentwegt auf den sich ringelnden Wurm in seiner Hand und roch daran. Ungefähr zehn Minuten stand er da und kämpfte mit sich.
Dann schrie er aus voller Kehle: »Elsaaaaa!«
Elsa kam ans Fenster. »Was denn, Edi?«
Edi stopfte den Wurm in den Mund, kaute hektisch darauf herum und würgte ihn hinunter. Aber er sagte nicht »tutti paletti« und strahlte auch nicht vor Stolz, sondern weinte, als der Wurm endlich heruntergeschluckt war.
Elsa kam aus dem Haus und kratzte ihm die Glatze. »Edi hat Mut – Edi ist gut«, flüsterte sie und schob ihm einen Karamellbonbon in den Mund.
Elsa war jedoch nicht zufrieden, und Edi hatte es noch längst nicht geschafft. Denn jetzt wollte sie es wissen, sie wollte, dass er alles, aber auch alles tat, was sie befahl. Und damit begann Edis Martyrium.
Er brauchte fünfzehn quälende Versuche, bis er die Regenwürmer bereitwillig und ohne sich zu sträuben schluckte.
Sie verlangte von ihm, Gottesanbeterinnen die Beine abzubeißen und Kakerlaken langsam zu zerkauen. Wenn er nicht sofort tat, was sie sagte, schlug sie ihn, ließ ihn allein und kümmerte sich nicht mehr um ihn.
Edi kämpfte. Und schaffte es jedes Mal, sich zu überwinden. Seine Liebe zu Elsa war stärker als jeder Ekel. Zu groß war seine Angst, sie zu verlieren.
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